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Das Ende von TV als Leadmedium?

Klassische Medien werden zu Animatoren für ein „Social Engagement“: Pepsi sieht TV-Werbung in einer neuen Funktion – die traditionelle Rolle als Leadmedium wird in Frage gestellt. Was für Pepsi und TV gilt, kann auch für europäische und sehr viel kleinere Unternehmen – sowie den Einsatz anderer Medien – gelten.

Social statt Superbowl: 2010 startete Pepsi das "Refresh project"

Fernsehkampagnen müssen fortan nicht mehr die gesamte Geschichte erzählen, die ein Werbekunde platzieren will: Vielmehr werden sie zu Trailers, welche das Publikum lediglich animieren, in Social Media Kanälen mit der Marke des Werbekunden zu interagieren. Diese neue Rolle für die Fernsehwerbung beschreibt Shiv Singh, Global Head of Digital bei Pepsi, in einem Blogbeitrag für die Harvard Business Review.

 

Singh stellt dazu sechs Thesen auf:

 

1. In Zukunft werden TV-Spots nicht mehr einfach in sich geschlossene Geschichten erzählen. Ihre Aufgabe wird es nicht mehr sein, Markenwerte zu stützen und Bekanntheit zu schaffen. Vielmehr werden sie dazu da sein, als Teaser vertiefte, digitale Markenerlebnisse auszulösen.

 

2. Immer weniger Mediaplanungen werden damit beginnen, einen TV-Spot als zentrales Element einzusetzen. Stattdessen wird künftig eine Engagement-Strategie erstellt und diese dann in einer Reihe von kreativen Ansätzen in verschiedenen Mediengattungen umgesetzt.

 

3. Orts- und ereignisabhängige, digitale Erlebnisse werden die neuen Treiber für die Fernsehwerbung. Sie werden den Werbekunden einen höheren ROI bringen, denn sie ermöglichen es, die Interaktion mit den Kunden bis an den Verkaufspunkt zu belegen.

 

4. Die Mediaplanung wird sich verändern – Fernsehformate werden danach beurteilt werden, wie gut sie die Interaktion mit den Konsumenten unterstützen.

 

5. Die Bereitschaft und die Fähigkeit, mit den Konsumenten in real-time zu interagieren wird für die Werbetreibenden zum zentralen Erfolgsfaktor. Die Werbekunden werden sich entsprechend aufstellen müssen.

 

6. Marken müssen in TV-Spots ihre „digitale Kultur“ unter Beweis stellen, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen. TV-Spots werden nur den Anfang machen; bald wird die gesamte Werbung sich darauf ausrichten.

Intensität der Interaktion statt GRP

Behält Singh Recht, werden der Erfolg und letztlich der Preis einer Kampagne schon bald nicht mehr in Kontaktsummen oder GRP bestimmt, sondern über die Intensität der Interaktion von Konsumenten mit der Marke. TV-Spots und andere, klassische Leadmedien werden von Hauptakteuren in der Mediastrategie zu Animatoren für ein breiteres und tieferes Markenerlebnis.

 

Was Singh für seinen Multi in den USA beschreibt, kann auch in Europa und mit viel kleineren Budgets funktionieren: Man braucht keinen Superbowl, um Interaktion mit einer Markenwelt zu starten. Auch hierzulande finden sich in Print, Outdoor, Radio und Fernsehen bereits Beispiele, wie grössere und kleinere Werbetreibende sich auf neue Spielformen der Kommunikation einstellen.

 

Egal, ob Singh im Detail Recht behalten wird oder nicht: Nicht nur klassische Medien, sondern auch Werbekunden und deren Agenturen sind gefordert, sich auf eine neue Rollenverteilung zwischen den verschiedenen Medien einzustellen. Neue Ansätze müssen nun nicht mehr nur diskutiert, sondern auch getestet werden.

 

Denn eine Konsolidierung oder gar das Ende der Medienrevolution sind noch nicht einmal in Sicht.

 

Link: Blogbeitrag von Shiv Singh in der Harvard Business Revue (Text in Englisch)