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KMU können von Hotelbetrieben lernen

Kaum ein Tag, an dem nicht eine Meldung zum Erfolg von «Social Media» durch die Medien rauscht. Vor allem KMU fragen sich, ob und wie sie hier aktiv werden sollen. Hotels sind da schon einen Schritt weiter.

Recherche, Buchung, Bewertung: Tourismusdienstleister arbeiten sehr intensiv mit Reiseportalen. Bild (c) medienseminar.com

Auch im Luxussegment sind Travelportale wichtig: Grandhotel Kronenhof in Pontresina

«Kritik tut manchmal weh, aber sie bringt uns weiter», resümiert der St. Moritzer Hotelier Markus Hauser. Für sein Dreisternehotel unterhält er nicht nur eine eigene Internetseite, er pflegt auch mehrere Auftritte in sozialen Netzwerken. «Social Media sind für uns eine wichtige Kommunikationsplattform geworden. Im Gegensatz zu klassischen Medien sind sie sehr interaktiv; Gäste bewerten unsere Dienstleistung und bringen auch Kritik an.»

 

Preisvergleiche und Bewertungen von Gästen und Testern beeinflussen Hotelbetriebe aller Klassen: Jedes Glied der Dienstleistungskette und auch das gesamte Personal werden heute nicht nur auf Effektivität, sondern auch auf die Zufriedenheit des Gastes eingestellt. Kommt dennoch Kritik, ist sie Chefsache: «Wir besprechen die Gästefeedbacks in unseren Kadermeetings und ich schreibe den Gästen dann persönlich zurück», erzählt Heinz Hunkeler, Direktor des Grandhotels Kronenhof in Pontresina.

 

Jede Unternehmung ist ein Hotel

 

Hotels und Restaurants sind schon lange nicht mehr die einzigen Betriebe, in denen Kunden Leistungen bewerten: Von A wie Autowäsche bis Z wie Zahnarzt gibt es kaum mehr eine Branche, die nicht über einen Online-Preisvergleich, eine Bewertungsplattform oder einen Fachblog verfügt. In vielen Branchen stecken diese Plattformen vielleicht noch in den Kinderschuhen; sie wachsen aber rasant und werden zu einem entscheidenden Faktor für die Zukunftsaussichten vieler Unternehmen.

 

Konsumenten tauschen sich in Social Media zu ihren Erfahrungen aus und schaffen damit eine neue – und manchmal gnadenlose – Transparenz. Neben den «harten» Fakten wie dem Preis werden immer mehr auch die «weichen» und «menschlichen» Komponenten einer Dienstleistung bewertet: Erreichbarkeit und Öffnungszeiten, Sauberkeit und Gerüche, Kundenorientierung bei Problemfällen, Flexibilität bei Sonderwünschen oder die schlichte Freundlichkeit werden zu vergleichbaren Grössen und sind bei Kaufentscheiden von zentraler Bedeutung.

 

Gesucht: Neue Medienkompetenz

 

Der Durchbruch von Social Media beeinflusst die Führung von Unternehmen aller Branchen und Grössen. Kunden, Mitarbeitende, Lieferanten oder Kreditgeber sind alle auch Nutzer von Social Media. Als Stakeholder einer Unternehmung erwarten sie einen transparenten, authentischen und wahrheitsgetreuen Stil: In der Führung wie in der Kommunikation – Online wie Offline.

 

Social Media haben viele Veränderungen im Umgang mit Kunden in Gang gebracht. Kunden treten Unternehmen heute auf Augenhöhe gegenüber und verlangen, dass man auf sie eingeht. «90 Prozent unserer Personalausbildung behandelt menschliche Faktoren», sagt Hotelier Jürg Degiacomi vom Romantik Hotel Chesa Salis in Bever. «Neben Fachwissen brauchen wir immer mehr Sozialkompetenz.»

 

Social Media haben die Kritik öffentlich gemacht – sie geben Kritikern und Unternehmen ein Forum. Manager sind plötzlich gefordert, in aller Öffentlichkeit auf Kunden einzugehen. Dazu braucht es eine neue Medienkompetenz.

 

Dennoch sind Social Media mehr Chance als Gefahr. Unternehmen, die auf ihre Kunden hören und wenn nötig auch einmal selbstbewusst zu Fehlern stehen, können in Zukunft nur gewinnen. In der Hotellerie wie in jeder anderen Branche – Online wie Offline. Oder wie es Jürg Degiacomi zusammenfasst: «Schöne Hotels gibt es viele. Was am Ende zählt, ist der Mensch und das Erlebnis des Kunden.

 

Auch erschienen in der Engadiner Post vom 3.1.2012

PDF des Artikels hier zum Download.