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Die Natur, der Tourismus und die Macht, ein Verband zu sein.

Zum wohl der Alpenregion als Lebensraum für Natur und Menschen braucht es Lösungen, die beide Seiten in Betracht ziehen, schreibt Reto Branschi, CEO der Destination Davos Klosters.

Der Davoser Destinations-CEO Reto Branschi (Bild: www.davos.ch)

Das Bild ist wahrlich nicht immer schön: Wenn Mountainbiker auf der Davoser Schatzalp unterwegs sind, suchen sie sich ihre Wege mitunter selber. Davos bietet zwar ein sehr gutes Netz an Wanderwegen und der gemeinsamen Nutzung durch Wanderer und Biker steht nichts im Weg. Einzelne Passagen und Kurven sind für die Biker aber zu eng oder sonst ungeeignet und so weichen sie halt aus und suchen sich eigene Wege – quer durch die Wiesen.


Die so neu entstandenen Fahrspuren im Gras werden vom Regen rasch zu tiefen Rinnen ausgewaschen und sind dann für Biker nicht mehr fahrbar. Sie suchen sich also neue Spuren und das Spiel geht – zu Lasten der Magerwiesen – von neuem los. Eine Lösung wäre simpel und wirksam: Die neuralgischen Stellen sind bekannt und könnten mit einfachen Mitteln für die Biker punktuell ausgebaut werden; die «wilden» Bike-Spuren würden danach renaturiert. Biker, Wanderer und die Natur wären wieder im Gleichgewicht.


Wären da nicht die Umweltverbände: Der Schutz der Magerwiesen – so die Argumentation – lasse sich mit einem Ausbau der Bikewege nicht vereinbaren. Eine vernünftige, punktuelle Schutzmassnahme für die Umwelt wird just von den Umweltverbänden verhindert.


Dass auf der Schatzalp etwas gemacht werden müsste, sollte eigentlich allen klar sein: Mountainbiker sind im Sommer eine immer weiter wachsende Gästegruppe und sie suchen sich ihre Wege. Verbotstafeln, Zäune oder Regeln wirken zwar, aber nur dann, wenn die Infrastruktur für die Biker auch eine echte Alternative zum «wilden» Biken darstellt. An der Verhinderungstaktik der Umweltverbände ändert das nichts – wer pragmatisch argumentiert, beisst bei ihnen auf Granit.

«Nachhaltigkeit hat auch eine wirtschaftliche Komponente»

Szenenwechsel: An einem Februartag begeben sich 15 Fahrzeuge auf den Flüelapass. Die Strasse ist schneebedeckt und gesperrt, so dass sie für Sicherheitstrainings genutzt werden kann. Während auf der Strasse das Fahren auf Schnee trainiert wird, ist auf dem Schottersee an der Passhöhe ein Parcours für sicheres Schleudern, Brems- und Ausweichmanöver auf Schnee und Eis eingerichtet. Auch gegen diese Aktivität sind die Umweltverbände.


Die für die Trainings genutzte Strasse steht zwar von Anfang Mai bis Ende Dezember sowieso dem freien Verkehr offen, während 32 Kurstagen im Februar und März sollen ganze 15 Fahrzeuge nun aber eine so grosse Belastung für die Natur darstellen, dass die Trainings lieber gestern als erst morgen verboten gehörten.


Die beiden Beispiele sind zwar sehr verschieden, sie haben aber eines gemeinsam: Wenn es um die Ausübung ihrer Beschwerdemacht geht, kennen die Umweltverbände scheinbar keine Grenzen. Der Schutz der Natur ist unbestritten eine wichtige Aufgabe und gerade als Touristiker habe ich ein echtes Interesse daran. Immer öfter kommt es aber vor, dass nicht die Natur und schon gar nicht die Verhältnismässigkeit im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, sondern die schiere Machtausübung.


Die Tatsache, dass ihre unablässige Verhinderungstaktik viele Arbeitsplätze und – im Fall der Biker – mitunter sogar die Natur gefährdet, lässt die Verbandsfunktionäre nicht mit der Wimper zucken. Die Alpen sind wunderbare Natur, aber auch Lebens- und Wirtschaftsraum für viele Menschen. Wenn wir in den Bergtälern unseres Kantons weiter leben wollen, können wir nicht einfach jeden Einfluss des Menschen verteufeln und verbieten. Wir müssen die Alpen vernünftig und nachhaltig nutzen können.


Nachhaltigkeit hat aber nicht nur die eine Dimension des Naturschutzes; sie hat auch eine wirtschaftliche und soziale Komponente. Als Touristiker, der die Täler Graubündens genauso liebt wie die Naturfreunde, würde ich mir wünschen, dass die Erhaltung der Arbeitsplätze und des wirtschaftlichen Lebensraums in den Alpen in die Überlegungen von Umweltverbänden genauso mit einfliessen wie der Umweltgedanke in die Überlegungen von Touristikern bei der Entwicklung des Ferienkantons Graubünden.

 


Reto Branschi (55) ist CEO der Destination Davos Klosters.