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«Helikopter leisten gute Arbeit für alle.»

Vor 25 Jahren wurde die Swiss Helicopter Association (SHA) gegründet. Der kleine Branchenverband bemüht sich um bessere Rahmenbedingungen für die Helikopterfliegerei in der Schweiz und Liechtenstein und um Akzeptanz in der Bevölkerung. Cockpit hat sich mit SHA-Präsident Nationalrat Martin Candinas unterhalten.

Martin Candinas (38) ist Präsident der Swiss Helicopter Association (SHA) und Bündner Nationalrat

Wie oft fliegen Sie Helikopter? 

Selber fliege ich gar nicht – ich bin nur Passagier – und auch das nur selten. In meinem ganzen Leben komme ich vielleicht auf sechs Flüge. Aber die Art, wie Helikopter fliegen und die Vielfalt ihrer Einsätze begeistern mich.

War diese Begeisterung der Grund dafür, dass Sie Präsident der SHA geworden sind?

Technisch gesehen fasziniert es mich zu sehen, wie diese tonnenschweren Geräte an sich drehenden Flügeln abheben und sich scheinbar mühelos in alle Richtungen bewegen können. Dass ich das Präsidium der SHA übernommen habe, liegt aber vor allem an der Bedeutung dieser kleinen Branche für das gesamte Land. Ob im Rettungswesen, bei Versorgungsflügen im Gebirge, auf unzugänglichen Baustellen, in der Holzwirtschaft oder für touristische Zwecke: Die Helikopterunternehmen in der Schweiz leisten Grosses.

Als Nationalrat sind Sie sehr gut vernetzt. Ist Polit-Lobbying Ihre Hauptaufgabe?

Ein Branchenverband profitiert zweifellos davon, wenn seine Anliegen in der Politik aktiv vertreten werden. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Behörden in der Schweiz und dem europäischen Ausland ist aber mindestens ebenso wichtig. Und zu meinen Aufgaben als Präsident gehört auch der laufende Kontakt zur Branche selber. Unsere Mitglieder und auch potentielle Neumitglieder müssen wissen, dass der Verband immer in offenes Ohr für ihre Anliegen hat.


Interessiert sich im Bundeshaus überhaupt jemand für die Anliegen der kleinen Helikopterbranche?

Wir ein sehr kleiner Verband wenn es um die Aufmerksamkeit geht, konkurrenzieren wir teilweise grosse Wirtschaftsverbände. Die Schweizer Helikopterunternehmen leisten auf verschiedenen Gebieten aber hervorragende Arbeit. Das ist den Volks- und Kantonsvertretern bewusst und sie schenken mir, SHA-Geschäftsführer Philip Kristensen und den Vertretern unserer Mitglieder auch immer wieder ihr Gehör.

 

«Opposition gegen Regulierung ist kein Selbstzweck.»


Warum hört man dann nicht mehr zum Thema Helikopter im Bundeshaus?

Politische Arbeit ist langfristige Arbeit und viel davon läuft hinter den Kulissen ab. Entscheidend ist nicht immer der grosse Medienauftritt, sondern das Resultat in den Abstimmungen und am Ende in den Gesetzen und Verordnungen. Das sah man am Beispiel der Alterslimiten für Berufspiloten: Das Parlament entschied, dass die Schweiz eine andere Regelung braucht als dies die EASA verlangte. 


Sie sprechen die EASA an. Ist sie für die Heliunternehmen in der Schweiz Fluch oder Segen?

Vermutlich etwas von beidem. Dass die Schweiz Teil der EASA ist, ist nun einmal eine Tatsache und es hat zweifellos seine Vorteile, wenn unser kleines Land nicht jede Bestimmung selbst erfinden und jede Typenzulassung nach eigenen Spielregeln durchführen muss. Andererseits haben die Flugunternehmen in unserem Land besondere Bedürfnisse und Möglichkeiten für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb ihrer Maschinen. Hier gilt es, die europäischen Bestimmungen so an die Schweizer Realität anzupassen, dass unsere Unternehmen auch damit leben können. Skilifte montieren auf 2500 Metern ist nun einmal nicht dasselbe wie ein Offshoreeinsatz für Ölplattformen in der Nordsee.


Bekommt die kleine Schweiz in Köln und Brüssel denn die Aufmerksamkeit, die sie braucht?

Das variiert von Thema zu Thema. Je grösser ein Länderverbund, desto weniger hat ein einzelnes Land natürlich zu sagen. In der Helikopterfliegerei geniesst die Schweiz aber einen sehr guten Ruf und wir versuchen gemeinsam mit unseren Mitgliedern, unser Wissen und unsere Erfahrung in den EASA-Ländern einzubringen. Zuweilen dringen wir durch und zuweilen müssen wir halt den Weg über unser Parlament nehmen.


Werden Sie vom BAZL unterstützt oder wird ihre Lobbyarbeit dort kritisch betrachtet?

Ich denke, unser Bundesamt weiss, dass wir Opposition gegen Bestimmungen nicht als Selbstzweck betreiben. Wann immer wir gegen Regulierungen antreten, haben wir gute Gründe dafür. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass Unternehmen und ihre Aufsichtsbehörden nicht immer dieselben Prioritäten haben. Dann reibt man sich aneinander und sucht nach einer Lösung, mit der beide Leben können.


Der Kampf gegen unnötige Regulierung steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Ist es in der Fliegerei denn besonders schlimm?

Fliegen hat mit Technik und vor allem mit Sicherheit zu tun; da sind gewisse Regeln im Interesse aller. Was aber unsere Betriebe an Administrationsaufwand betreiben müssen, um Dokumentationen, Zulassungen interne Reglemente, Audits und tausend andere Dinge belegen zu können, ist schlicht nicht zumutbar. Hier tut eine Deregulation dringend Not – auf Ebene EASA, wie auf Ebene BAZL.

 

«Die Alpen sollen kein Disneyland werden.»


Ein rein Schweizerisches Thema sind die Gebirgslandeplätze. Als Bündner stemmen Sie sich gegen den Alpenschutz. Schlagen zwei Herzen in Ihrer Brust?

Im Gegenteil. Jeder Bergler weiss, dass er seine Alpenlandschaft nicht verbrauchen oder zerstören darf. Er weiss aber auch, dass das Überleben in den Bergen verlangt, dass man in den Alpen wirtschaftlich tätig ist. Die Aufhebung von Gebirgslandeplätzen ist ein Versuch, den Alpen die wirtschaftliche Existenz weiter zu erschweren.


Übertreiben Sie jetzt nicht ein Bisschen?

Ginge es ausschliesslich um Gebirgslandeplätze, könnte man das vermuten. Aber diese Plätze sind nur eines von vielen Beispielen, wie das Mittelland versucht, sich sein idyllisches Bild der Alpen zurecht zu zimmern. Natürlich sollen die Alpen kein Disneyland werden, aber ohne Arbeitsplätze wandert immer mehr Bevölkerung ab. Ein Teufelskreis.


Und was haben die Gebirgslandeplätze damit zu tun?

Sie sind wichtige Punkte unserer fliegerischen Infrastruktur – vor allem für die Ausbildung von Piloten. Hier können Piloten in einer bekannten Umgebung das üben, was sie bei Einsätzen in unwegsamen Gelände – etwa bei Transport und Rettungsflügen – können müssen.


Ist das nicht eine Ausrede, um möglichst viele Touristen auf die Berge fliegen zu können?

Touristische Flüge auf hoch gelegene Plätze bieten den Piloten die Möglichkeit, Praxis in Gebirgsumgebung zu bekommen. Nicht wenige dieser Piloten wechseln später in die anspruchsvollere Transport- und Rettungsfliegerei. Müssten all die Gebirgslandungen als reine Schulungsflüge ohne Ticketeinnahmen durchgeführt werden, würde die gesamte Helifliegerei verteuert. Die Zeche müssten Unternehmer, Landwirte und Gemeinden in den Berggebieten bezahlen.


Touristische Flüge in den Alpen sind nicht unumstritten. Wie steht es sonst um die Akzeptanz der Helifliegerei in der Schweiz?

Ich denke, die Schweizerinnen und Schweizer wissen, was sie an ihren Helikoperunternehmen haben. Kein Land hat ein vergleichbares Luftrettungswesen, wenn irgendwo ein Ferienort von der Aussenwelt abgeschnitten ist, wird in Nu eine private Luftbrücke eingerichtet, Lawinenhänge werden aus dem Helikopter gesprengt und auch zahlreiche Baustellen von der Grossstadt bis in die Hochalpen können nicht auf sie verzichten.

Dennoch ist es eine Tatsache, dass es Leute gibt, die am liebsten gar nie einen Helikopter sehen oder hören würden. Es liegt am Verband und allen seinen Mitgliedern, das Verständnis für den Nutzen der Helikopterbranche für die Schweiz zu fördern. Nur so kann man den Menschen erklären, dass auch die Branche gewisse Bedürfnisse hat, ohne die sie nicht arbeiten kann.

 

Christian Gartmann ist Beauftragter für Kommunikation und Medien des Branchenverbandes Swiss Helicopter Association (SHA). Dieses Interview erschien in der Juni-Ausgabe des Schweiz Aviatikmagazins Cockpit.