News

Durch die Augen der Gäste sehen.

Die vielfältigen Publizitätseffekte waren eines der Hauptargumente für Olympische Winterspiele. Nach innen – also im eigenen Kanton – braucht der Tourismus wieder mehr Verständnis und Akzeptanz. Nach aussen – bei den potentiellen Gästen für Graubünden – braucht Graubünden Bekanntheit, einen guten Ruf und authentische Geschichten. Wer seine Gäste kennt, kann Graubünden durch deren Augen sehen.

«Tourismus als Pflichtfach», forderte jüngst der Davoser Tourismus-CEO Reto Branschi im Bündner Tagblatt: Publizität und Sensibilisierung für den Tourismus tue Not in unserem Kanton. Bündnerinnen und Bündner müssten wieder lernen, was sie am Tourismus haben. Wie aber sieht es ausserhalb des Kantons aus?


Wer heute Gäste in sein Land, seine Destination und sein Hotel holen will, muss für Gesprächsstoff im Internet sorgen. Social Media (Facebook, Youtube, Instagram, Twitter, Flipboard, Tripadvisor, Yelp oder Pinterest) haben die Informationslandschaft grundlegend verändert. Hier schreiben vor allem «Leute wie Du und ich» über ihre persönlichen Eindrücke und Meinungen. Sie verlinken auf bestehende Artikel; sie produzieren aber vor allem selbst jede Menge spontane, «unprofessionelle» aber authentische und glaubwürdige Texte, Fotos und Videos. Für den Tourismus sind solche Inhalte Gold wert.

Wer im Gespräch bleiben will, muss für Gesprächsstoff sorgen.

Grosse, laute, schrille, quere oder sonstwie originelle Auftritte helfen, die Bekanntheit zu steigern. Grössere Destinationen tun das unter anderem mit regelmässigen Veranstaltungen in Sport, Kultur, Unterhaltung oder mit Kongressen. Längst nicht jeder Ferienort kann und muss aber gleich ein WEF, einen Snowboard-Weltcup oder ein Rockkonzert durchführen; mit originellen Ideen bekommen auch kleine Orte gute Chancen.


Die «Kleinen» im Tourismusgeschäft können – was die Bekanntheit betrifft – aber auch ganz gut auf den Wellen der «Grossen» mitreiten. Im Gebiet rund um Kitzbühel würde man ja auch nie auf die Idee kommen, sich vom weltbekannten Ort zu distanzieren. Selbst im Nachbartal nennt man sich noch «Reith bei Kitzbühel». Ein Beispiel, das sich viele Bündner Orte einmal ansehen sollten.


Zusätzlich zur Bekanntheit der Region muss dann aber jeder einzelne Anbieter seinen Ruf pflegen und für eigenen Gesprächsstoff sorgen. Die besten Quellen dafür sind bestehende Gäste, denn sie kennen uns aus eigener Erfahrung. Wer in seinen Ferien etwas Schönes erlebt oder gut behandelt wird, wird darüber berichten – in persönlichen Gesprächen und auch immer mehr im Internet.

«Echte» Erlebnisse entstehen nicht nur zufällig.

Das immer wieder als Erfolgsmodell gelobte Tirol ist voll von (kleinen) Orten, in die sich ihre Gäste regelrecht verlieben. Nach den Ferien kennen sie nicht nur den Hotelier und seine Kinder, sondern auch jeden Skilehrer, den Mountainbike-Mechaniker, den Winzer oder die Wirtinnen einer jeden Bergbeiz. Ferien in Tirol scheinen unverwechselbar. Was machen die Tiroler anders?


Unverwechselbare, «echte» Erlebnisse können wir unseren Gästen nur dann bieten, wenn wir selber «echt» sind. Dazu müssen wir uns zuerst einmal selbst bewusst werden, was unsere Täler, Ortschaften, Hotels, Restaurants, Skipisten, Biketrails, Kurkonzerte oder Kinderprogramme in den Augen der Gäste wirklich ausmacht. Nur so können wir uns auf diese Besonderheiten als Stärken besinnen, unsere Marktnischen suchen und diese dann pflegen. Für jede Talschaft, jeden Ort, jedes Hotel, jeden Skivermieter – einfach jede und jeden im Tourismus des Kantons Graubünden.


Herauszufinden, wodurch man sich in den Augen der Gäste auszeichnet, ist gar nicht so schwer. Für Kleinbetriebe genauso wie für Weltkurorte gilt: Man muss halt seine Gäste fragen. (Dazu muss man sie aber kennen.) Am besten ist das persönliche Gespräch – darüber hinaus bieten Social Media eine Vielfalt von Möglichkeiten, von den Gästen mehr über den eigenen Betrieb oder seinen Ort zu erfahren. Wer mit seinen Gästen spricht erfährt auch, ob er bei ihnen ankommt, und wie sie ihn bewerten.


Alle, die den Bündner Tourismus ausmachen, müssen sich – im Kleinen wie im Grossen – auf ihre Stärken besinnen und diese pflegen. Die Gäste werden das schätzen und es im Internet weitererzählen. Ihre Erlebnisse, Bilder und Videofilme haben eine sehr hohe Glaubwürdigkeit. Das sind nicht einfach Werbetexte oder Hochglanzfotos; sie sind «echt» und helfen hunderttausenden von Internetnutzern bei der Entscheidung, wo sie die nächsten Sommer- oder Winterferien verbringen sollen. 



Dieser Artikel erschien auch im Bündner Tagblatt vom 8. Mai 2013