News

News Public Affairs News

Nach dem Konkurs: Zurück zu den Tugenden!

Der Konkursfall um das Davoser Hotel «Intercontinental» schlug in der Schweizer Presse hohe Wellen. Die finanzielle Bauchlandung des Davoser Prestigeobjekts hat – schon nach einem halben Betriebsjahr – viele überrascht. Hotellerie ist keine präzise Wissenschaft und so lässt sich über die Ursachen munter spekulieren. Dennoch kann man aus dem Fall schon eine Lehre ziehen: Zurück zu den Tugenden.

Das «Goldene Ei» von Davos: Hotel Intercontinental «Stilli». Bild: davos.ch

Reto Branschi, CEO Davos Klosters Tourismus

Von Reto Branschi* 


Dass ein neues Hotel ein paar Jahre braucht bis es richtig rentiert, ist eine Binsenweisheit. Neben den Sonderkosten für Einarbeitung, Eröffnungsaktionen und zusätzliches Marketing wiegt vor allem die Tatsache schwer, dass ein neuer Betrieb sich zuerst einen Namen machen muss. Nur so kann er von Weiterempfehlungen profitieren und sich eine Stammkundschaft von immer wiederkehrenden Gästen aufbauen.


Das Davoser Intercontinental hatte diese Zeit bisher nicht. Die Pächterin deponierte die Bilanz und wurde schon einen Tag später durch eine neue Gesellschaft abgelöst. In Kommentaren wurde die Schuld am Scheitern vor allem dem Eigentümer – einem Fonds der Credit Suisse – und seinen (zu hohen) Renditeerwartungen zugeschoben. Auch die SonntagsZeitung zielte auf die Investoren, setzte aber wie immer noch einen drauf: Davos sei «Dem WEF in die Falle gegangen». Ein durch das WEF erzwungener Investitionsschub von 500 Mio. Franken in die Hotellerie und den Kongressort Davos sei – so die Meinung der SonntagsZeitung – «Ein Flop». Einzig der Tages-Anzeiger scherte aus und titelte «Erfolg macht träge»: Davos habe schlicht die Kundschaft aus den Augen verloren.

«Hotellerie ist keine präzise Wissenschaft.»

Natürlich muss man sich nach jedem Konkurs fragen, wie es so weit kommen konnte. Eigentümer, Pächter, Managementgesellschaft und auch Tourismusorganisationen tun gut daran, kritisch zu hinterleuchten, was warum schiefging und wie man solche Fälle in Zukunft verhindern kann. Die Antwort ist so einfach wie weit reichend: der Schweizer Tourismus und die Schweizer Hotellerie müssen sich auf allen Ebenen – von der Vermarktungsorganisation über die Investoren bis zu den Kellnern – wieder auf ihre Tugenden besinnen.


Nach der Zweitwohnungsinitiative können Hotelinvestoren nicht mehr auf den Wohnungsverkauf zählen, wenn es um die Rentabilisierung ihrer Investitionen geht. Kalkulationen aus der Zeit vor der Initiative sind heute Makulatur. Hotels müssen künftig ohne Wohnungsverkäufe genug Rentabilität abliefern, um die Investitionen zu verzinsen. Und: Eigentümer oder Investoren müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass neben der Rentabilität in Form von Zinsen auch die schlichte Werterhaltung ihrer Immobilie durch einen gut laufenden Betrieb einen nicht zu unterschätzenden Bonus darstellt.


Aber selbst moderate Renditeerwartungen eines Eigentümers kann ein Hotelbetrieb nur dann erfüllen, wenn er ansprechende Auslastungen zu guten Preisen erzielt. Und das können nur Betriebe, die in Gästebewertungen positiv abschneiden. Kein Betrieb kann es sich auf die Länge leisten, nur von Neukunden aus teuren Marketingaktionen zu leben. Entscheidend für den Erfolg eines jeden Hauses sind bestehende Gäste, die selber wiederkommen – also zu Stammgästen werden – und das Haus darüber hinaus weiterempfehlen.

«Die alten Tugenden der Gastfreundschaft»

Ein Blick auf Hotelauslastungen und Bewertungen im Internet spricht Bände: Betriebe mit positiven Bewertungen boomen, alle anderen leiden. Nur wer die «alten Tugenden» der Gastfreundschaft, die Freude am Service, die Flexibilität und die echte, gelebte Dienstleistung (wieder) praktiziert, hat im weltweiten Verdrängungsmarkt um die schönsten Tage des Jahres noch eine Chance.


Und was machen wir, die Tourismusorganisationen? Wir setzen weiterhin alles daran, neue Gästegruppen für die Schweiz zu begeistern und so dafür zu sorgen, dass sie zu Gästen unserer Orte werden. Ob sie zu Stammgästen werden und dann zur Rentabilität von Hotels, Restaurants und Detailhandelsbetrieben beitragen, entscheidet sich während ihres Aufenthaltes: an den Tugenden jedes einzelnen touristischen Leistungsträgers. 

 

*Reto Branschi (55) ist CEO der Destination Davos Klosters.

Dieser Beitrag erschien im Bündner Tagblatt vom 17. Juni 2014